Dann will ich mich auch mal ein bisschen ausführlicher zu der Show äußern. Vorneweg sei gesagt, dass die Show mal wieder verdammt stark war und uns gleich zu Beginn des Jahres ein veritabler Show of the Year geboten wurde, aber mal der Reihe nach...
New Japan Rumble
Der Rumble war in der Preshow wie immer eine schöne Einstimmung auf den Event. Wenn man sich allein schon das Durchschnittsalter betrachtet, welches dieses Jahr sogar erstaunlich niedrig war, weiß man, dass man hier keinen wrestlerischen Leckerbissen erwarten kann und am Ende war es genau das Erwartete. Ein durchschnittlicher Rumble, durch den man noch einige bekanntere Namen auf die Card bringen konnte. Michael Elgin als Sieger kam insofern überraschend, dass ich nicht mit ihm in diesem Match gerechnet hab, aber als er dann aufgetaucht ist, war auch schnell klar, dass er und Cheeseburger die letzten beiden verbliebenen Männer sein werden. Schöner Auftakt, vielleicht hat im Vergleich zu den Vorjahren ein bisschen der Trash-Faktor gefehlt, aber es war in Ordnung und hat gepasst.
Sternewertung entfällt hier
Tiger Mask W vs. Tiger the Dark
...oder anders gesagt das Aufeinandertreffen von Kota Ibushi und ACH. Und am Ende war es auch Ibushi vs. ACH, nur mit Masken und sehr kurz und reduziert. Irgendwie war es nichts Halbes und nichts Ganzes, es gab einige schöne Sequenzen, aber für einen Opener war es von der ganzen Art her nicht so recht geeignet. In der Preshow hätte es mir vielleicht mehr zugesagt, sodass es danach nochmal einen Cut gegeben hätte. Auch negativ fiel mir dieses japanische Mädel am Kommentatorenpult auf. Ich weiß jetzt nicht wer das war, glaube die Synchronsprecherin aus der Serie, aber meine Fresse...sobald die nur den Mund aufgemacht hat, war ich genervt. Aber was solls, die sechs Minuten waren alles in allem unterhaltsam und eine nette Ergänzung auf der Card.
**1/4
The Young Bucks vs. Roppongi Vice
Das erste Highlight des Abends oder besser gesagt des Morgens bot dann das IWGP Jr. Heavyweight Tag Team Title Match! Zunächst einmal finde ich es sehr schön, dass man endlich mal ein normales Tag Team Match an diese Stelle der Card gesetzt, nachdem man in den Vorjahren immer Multi Men Tag Matches gezeigt hat. Das war zu einem gewissen Grad erfrischend für den Tokyo Dome und am Ende sprang dabei auch ein richtig gutes Match raus. Schöne In-Ring-Sequenzen, schönes Storytelling und beide Teams beherrschen einfach den Einsatz von leicht comedylastigen Elementen in Perfektion. Herausheben muss man auch Trent Baretta, der einige heftigere Bumps einstecken musste, die teilweise auch echt unnötig waren bei dieser Cardposition. Aber was solls, ein sehr schönes Match, das einen so richtig in die Show gebracht hat und in meinen Augen auch am Ende die richtigen Sieger hatte.
***3/4
Los Ingobernables de Japon vs. CHAOS vs. Bullet Club vs. Kojima, Finlay & Ricochet
Mit diesem Match begann dann so ein wenig die Phase des Mittelmaßes und die Euphorie aus dem Match zuvor verflog auch ziemlich schnell. Der Bullet Club und CHAOS begannen und sind wir ehrlich, in dieser Phase waren die weiblichen Begleitungen von Yujiro das größte Highlight des Matches. Klar, es gab mal eine nette Sequenz mit Page und Ospreay, aber die wirkte mir persönlich auch zu gekünstelt und übertrieben und darüberhinaus sind die sechs im Ring stehenden Wrestler (mit Ausnahme von Ospreay und mit Abstrichen YOSHI-HASHI) echt nicht toll. Jedenfalls war ich froh als diese Phase vorbei war und noch glücklicher war ich, als LIJ mit dem Bullet Club kurzen Prozess machte und wir die finale Paarung zwischen den Ingobernables und den Champions hatten. Hier hat das Match dann auch deutlich Fahrt aufgenommen und die finale Sequenz war sogar richtig stark, aber alles in allem war das Durchschnitt und kein bisschen mehr. Der Titelgewinn durch Los Ingobernables de Japon freut mich sehr, da die Titel hier endlich mal in der richtigen Hand sind und ich mir nun einen starken und dominanten Titelrun erhoffe.
**3/4
Cody Rhodes vs. Juice Robinson
Das war es also, das Debüt von Cody Rhodes bei New Japan und ganz ehrlich, es war ein Cody Rhodes Match seit seinem Abgang von WWE. Das ist zunächst langweilig, dann zieht es sich ein bisschen und zum Abschluss gähnt man nochmal und es kommt der Pinfall. Klingt zunächst einmal böse, aber so soll es gar nicht gemeint sein. Es ist auch nicht schlecht was er zeigt, aber im Vergleich zu anderen Independent-Wrestlern ist Cody einfach purer Durchschnitt und in meinen Augen war er in diesem Match fast der schwächere der beiden Wrestler. Hier muss man auch mal Juice Robinson loben, der sich über das vergangene Jahr unglaublich gemacht hat und hier eine wirklich ordentliche Leistung abgeliefert hat. Insgesamt war es ok, Cody als Heel ist eine nette Abwechslung im Vergleich zu den ganzen anderen Programmen, in denen er steckt, aber ansonsten muss man mal sehen wie es für ihn bei New Japan weitergeht. Es bedarf aber einer Steigerung...
**3/4
Adam Cole vs. Kyle O'Reilly
Puuh..meinen persönlichen Härtefall stellt das ROH World Title Match dar. Ein an sich gutes Match, dass durch den Ausgang, die Hintergrundgeschichte und vor allem das Finish einen faden Beigeschmack hat. Wie schon gesagt haben beide eine gute Leistung gebracht, die Chemie der beiden ehemaligen Tag Team Partner stimmt auch, sodass es bei der gezeigten In-Ring-Leistung erst einmal nichts zu bemängeln gibt, auch wenn sich das Ganze als Standardkost bezeichnen lässt. In Anbetracht der Situation des Titelwechsels bei Final Battle und der Tatsache, dass man Cole nun zum ersten dreifachen ROH World Champion gemacht hat und das in zehn Minuten in der Midcard einer anderen Promotion, ist das Ganze aber mit einem gewissen Beigeschmack zu bewerten. Ja, man musste reagieren, wenn O'Reilly die Liga nun verlässt, wovon ich jetzt einfach mal ausgehe, aber dafür hätte es vielleicht auch eine andere Lösung gegeben. Dazu dann dieses Finish, das Cole nicht wirklich in die Position eines wiedererstarkten Champions bringt...ich bin damit einfach nicht glücklich und je mehr ich über das Match nachdenke, desto unglücklicher werde ich. Dennoch war es alles in allem gut und zieht die Show keineswegs runter.
***1/4
CHAOS vs. Bullet Club vs. Great Bash Heel
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich zu diesem Match gar nicht mehr so viel sagen kann. Das war so eine Mischung aus Pinkelpause, Wrestlern, mit denen ich nicht viel anfangen kann, eine unglückliche Card-Position, da ich nach dem ROH World Title Match doch ein wenig frustriert war, und zu guter letzt noch ein ordentliches, aber eben auch kein gutes oder gar sehr gutes Match. Am ehesten sind mir noch die Leistungen von Tama Tonga und Tomohiro Ishii in Erinnerung geblieben, Great Bash Heel ist bei mir irgendwie komplett am Ende und Yano und Tanga Loa sind eh so zwei Geschichten für sich. Der Titelgewinn von CHAOS geht am Ende schon in Ordnung, toll finde ich ihn jetzt aber auch wieder nicht.
***
Hiromu Takahashi vs. KUSHIDA
Und jetzt kommen wir doch zum richtig interessanten und vor allem auch hochwertigen Teil der Show. Den Anfang haben die Junior Heavyweights gemacht und ich war auch sofort in dem Match drinnen. Die Beiden hatten zwar in punkto Chemie mit ihrem Gegner zu kämpfen und so waren auch einige Aktionen im Match verbotcht, aber ich kann mit diesen "Unsauberkeiten" leben, wenn sie gut verkauft werden und als schief gegangene Aktionen dargestellt werden und nicht künstlich ins rechte Licht gerückt werden. Das haben die Beiden hier gemacht und neben diesen wenigen Moves ein tolles Match mit schönem Matchfluss auf die Beine gestellt haben. So konnte man auch das spotlastige Wrestling Takahashis mit dem eher gezielten Bearbeiten KUSHIDAs auf angenehme Art und Weise verbinden, sodass es am Ende ein rundes Match auf einem sehr hohen Niveau war. Takahashi holt am Ende auch wenig überraschend den Sieg und somit auch den nächsten Titel zu den Ingobernables de Japon.
****
Katsuyori Shibata vs. Hirooki Goto
Und nun begann die Phase, in der es von Match zu Match besser wurde und die positive Überraschung hierbei bot das NEVER Openweight Title Match zwischen Shibata und Goto. Eine wahre Schlacht boten uns die beiden ehemaligen Tag Team Partner und als großer Fan der Beiden, der zugegeben von der Ansetzung nicht vom Hocker gehauen wurde, genoss ich dieses Spektakel. Beide packten alles aus und zeigten einen technisch sehr fein geführten Brawl, den sie wunderbar durch ihre Mimik und Gestik unterstützen. Es braucht eben kein Blut um pure Intensität darzustellen, harte Strikes, böse und verbissene Blicke, sowie eine hohe Intensität reichen vollkommen aus. Die Schlussphase war an Dramatik kaum zu überbieten, einige schöne Nearfalls bzw. eine Nearsubmission und das ganze steigerte sich nach und nach, bis schließlich Goto den Sieg holen konnte. Hoffentlich bedeutet dieser Ausgang das Ende von Shibatas Zeit im NEVER Title Picture und bringt ihn in höhere Gefilde, während Goto mit einem guten Run als Champion sich neuen Rückendwind holen kann. Ganz starkes Match!
****1/2
Tetsuya Naito vs. Hiroshi Tanahashi
Und wenn man denkt, dass es nach einem so starken NEVER Title Match und in der Erwartung des großen Heavyweight Title Matches schwer wird die Lücke zu füllen, dann kommen Tetsuya Naito und Hiroshi Tanahashi um die Ecke und packen den nächsten Klassiker aus. Ein richtig starkes Match mit einer tollen Matchstory rund um die gegenseitige Beinbearbeitung. Dazu noch die Geschichte um den High Fly Flow, den Tanahashi zweimal gegen den Rücken Naitos zeigt, aber statt zu covern einen zweiten zeigen will und jeweils scheitert. Auch Naito benötigt in diesem Wahnsinnsmatch am Ende gleich zwei Destinos für den Sieg, was der Dramatik des Matches eine weitere Facette verleiht. Wirklich bockstark, wenn auch nicht ganz perfekt...dafür hat noch das My gefehlt, das zum Beispiel der Main Event hatte.
****3/4
Kazuchika Okada vs. Kenny Omega
Hier muss ich doch glatt mal wieder den guten Zack zitieren, denn das war einfach nur ein "Wrestlegasmus"! Ein einfach unfassbar gutes Match, in dem Okada und Omega über 45 Minuten ein Tempo, eine Intensität und eine Raffinesse an den Tag gelegt haben, dass diese wie im Flug vergingen. Begonnen mit den Entrances war ich zu 100% im Match, konnte den ersten Kontakt der Beiden kaum erwarten und wurde zu keiner Sekunde enttäuscht. Zunächst überzeugten die Beiden mit unglaublich guter und detailgetreuer Bearbeitung des Gegenübers, wobei vor allem Okadas Kopf in Mitleidenschaft gezogen wurde, was dieser verkaufte wie kein Zweiter. Im Mittelteil ging man dann über in eine Phase mit unfassbaren Spots, die unter dem Motto standen den Gegenüber einfach nur zu brechen. Man muss hierbei aber vor allem herausheben, wie gut die jeweiligen Aktionen aufgebaut wurden und nicht aus dem Nichts gezeigt wurden. Tolle Arbeit der Beiden, vor allem der Table Bumb von Omega ist hier noch zu nennen. Ein Top Rope Dragon Suplex folgte und es begann eine äußerst lange Schlussphase, die an Spannung kaum zu überbieten war. Nearfalls und Kontersequenzen überboten sich von Minute zu Minute, mehrmals ging der Rainmaker durch, aber Okada schaffte nie das Cover. Ähnlich ging es Omega, der letztendlich aber nie den One Winged Angel durchbrachte (und so den Move auch für die Zukunft schützte). Am Ende gelang Okada aber nach dem vierten Rainmaker der Sieg und obwohl ich dachte, dass ich bei einem Sieg von Okada enttäuscht wäre, war ich es in diesem Moment einfach nicht. Dafür war dieses Match einfach zu gut und beide hatten den Sieg so verdient, auch wenn diese Floskel im Wrestling für gewöhnlich wenig Bedeutung hat, dass es mir einfach egal war. Zudem auch die Darstellung von Omega und das Match selbst gezeigt hat, dass man noch viel mit dem guten Kenny vor hat. Am Ende steht hier ein unglaubliches Match, das so ziemlich alles hatte, was ein "perfektes" Match im Jahr 2017 braucht. Der pure Wahnsinn, eines der stärksten Matches, das ich je gesehen habe, und ein glasklarer Match of the Year Kandidat!
*****
Fazit
Was soll man zu dieser Show noch sagen. Die erste Hälfte war nicht überragend, vielmehr war das eine ordentliche, aber nicht mehr als solide Show, aber was ab dem Junior Heavyweight Title Match kam, war absolute weltklasse. Die Matches wurden von Minute zu Minute stärker und gipfelten schließlich in einem der besten Matches aller Zeiten. Das allein schon macht die Show zu einem veritablen Show of the Year Kandidaten. Gibt es Kritikpunkte (oder wie Bobi sagen würde Minuspunkte)? Jein, das ROH World Title Match war suboptimal, der Zwang alle halbwegs bekannteren Namen auf die Card zu bringen, hat u.a. dem NEVER Openweight 6 Man Title Match geschadet und auch das Match zwischen Cody Rhodes und Juice Robinson war nicht unbedingt auf einem hohen Niveau. Aber wir reden hier immer noch von Matches um die drei Sterne, sodass das natürlich ein Meckern auf hohem Niveau ist. Zudem wäre eine Show mit noch mehr herausragenden Matches schlichtweg zu erdrückend gewesen, Stichwort "Pacing einer Show". Ich weiß nicht, was man groß besser machen könnte, vielleicht ein paar Kleinigkeiten, aber am Ende sind das
9,5 von 10 Punkten. Müsste ich in einer Skala mit gerundeten Zahlen meine Wertung abgeben, dann würde ich aber mit 10 die Höchstpunktzahl wählen.