Zum Thema Chris Benoit habe ich mich schon einige Male geäußert, auch wenn es mir jedes Mal ziemlich schwer fällt. Denn letztlich ist Chris Benoit die Person, die mich Mitte 2007 dazu bewegt hat, Wrestling zu schauen und weiter zu verfolgen und gehört auch aus diesem Grund weiterhin zu meinen absoluten Lieblingswrestlern. Dass nur wenige Monate später die hier diskutierte Tat stattfand, konnte damals noch keiner absehen.
Dass hier teilweise ziemlich pauschale Urteile über einen offensichtlich kranken Mann (in welche Richtung man das auch interpretieren mag), finde ich teilweise etwas schade. Man sollte diese Tat verurteilen. Und man hätte Benoit auch sicherlich für diese Tat zur Rechenschaft ziehen müssen, was vermutlich (und das korrekterweise) entweder eine lebenslange Haft oder eine lebenslange Unterbringung in einer Psychiatrie bedeutet hätte. Aber wenn die Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen stimmen, sollte man auch etwas differenzieren.
Dann sollte man vielleicht nicht über die Person Chris Benoit an sich urteilen, weil er durch eine schwere Krankheit nicht mehr die Kontrolle über seine Gedanken und Handlungen hatte. Bei solchen Fällen finde ich den Spruch "Only God can judge me/you" immer treffend. Denn egal ob man jetzt gläubig oder nicht gläubig ist, wenn man von dem Konzept eines Gottes ausgeht, trifft diese Aussage zu. Kein Mensch erzählt einem anderen Menschen alles über sich. Kein Mensch teilt seine Gedanken in jeder Sekunde einem anderen Menschen mit.
Vielleicht war Benoit so schwer krank, dass er sich das Leben nehmen und mit seiner Familie im Tod vereint sein wollte. Das kann kein Mensch auf dieser Welt beurteilen bzw. faktisch bestätigen oder verneinen. Das könnte theoretisch eben nur Gott. Ich will Benoit hier weder verteidigen noch belasten, weil das wie gesagt kein Mensch wirklich beurteilen kann und sollte. Ich will hier vielleicht nur noch mal einen anderen Aspekt bzw. Denkanstoß vermitteln.
Ich verurteile die Tat und würde wie bereits erwähnt auch eine dementsprechende Strafe fordern. Ich verurteile aber nicht pauschal die Person Chris Benoit, wenn sie wirklich zu dem beschriebenen Grad erkrankt war. Nebenbei bemerkt: Kein Mensch ist von grundauf böse. Benoit wurde ja immer als zurückhaltende, aber charakterlich total einwandfreie Person beschrieben, die sehr loyal zu den Personen war, mit denen er Freundschaft geschlossen hat (insbesondere der Guerrero Familie). Die Gehirnerschütterungen durch die jahrelangen Bumps, die physische Belastung durch die jahrelangen Tours und Medikamentenmissbrauch und nicht zuletzt die psychische Belastung, verstärkt durch den Tod von Eddie Guerrero einige Monate zuvor werden sicherlich eine Rolle gespielt haben.
Sobald ein Mensch den falschen Weg einschlägt, hat auch immer die Gesellschaft ein bisschen versagt. Auf diesen konkreten Fall bezogen: Ja, ich gebe auch dem Wrestlingbusiness eine Teilschuld an dieser Tat. Jeder weiß, welches Körperbild der Führungsspitze vorschwebt. Und nachdem Benoit und auch Eddie Guerrero zwischenzeitlich an der Spitze und World Champions waren, haben beide nachweislich Steroide genommen, um Muskelmasse aufzubauen und diesem Idealbild näher zu kommen, sowie Painkillers um ja keine Show zu verpassen, was vielleicht einen Depush bedeutet hätte. Der Mann hat vielleicht seine komplette Gesundheit auf's Spiel gesetzt, um wieder an die Spitze zu kommen und sich seinen Traum zu erfüllen. Er ist nicht der einzige, der abgestürzt ist, er ist nur der, der am tiefsten gestürzt ist.
Wie gesagt, ich will hier keinen von seiner Meinung abbringen. Ich will hiermit nur vielleicht den ein oder anderen etwas zum Nachdenken anregen. Denn ich finde es schade, wenn Benoit hier pauschal als "ganz feiger Mensch, der sich hinter seinen Problemen versteckt hat" beschrieben wird, wenn man das gar nicht beurteilen kann. Mein Vorredner hat in dieser Hinsicht ja schon die korrekte Antwort geliefert.